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Jetzt schon ans Schenkeln denken.

So, Mai 6, 2012

Schnipsel

Jetzt schon ans Schenkeln denken.

Nein, der Weihnachtsmann steht noch nicht vor der Tür und in der Überschrift ist auch kein Tippfehler. Gemeint ist viel mehr, dass jetzt, in frühsommerlichen Temperaturen, die Oberschenkel wieder ans Licht kommen und mit ihnen ihre große Leidenschaft: das gesellige Beisammensein ohne Rücksicht auf Reibungsverluste. Kurz: von artgerechter Haltung der Läuferoberschenkel soll hier die Rede sein.

Mit Oberschenkeln wird viel gehadert. Völlig zu Unrecht. Hätten wir sie nicht, würde unser Hintern ungebremst bis zu den Knien heruntersacken. Und das sähe nun wirklich nicht gut aus. Der Schenkel an sich ist ein freundlicher Geselle. Er ist überhaupt nicht gern allein. Das liegt bei ihm in der Struktur: schon einzelne Fettzellen sind am liebsten da, wo die anderen sind. Überall treffen sie sich in launigen Gruppen, während die Stellen ringsherum leer bleiben, wie eine schlechte Kneipe neben der Szene-Bar. So entstehen Dellen. Und auch als Ganzes fühlt sich der Schenkel schnell einsam. Er sucht Kontakt, am liebsten zu seinem Zwillingsbruder nebenan. Stets trachtet er danach, den Abstand zwischen ihnen beiden zu verringern – er schenkelt. Man darf den Kontaktwunsch nicht missverstehen: trotz seiner Suche nach Nähe ist der Oberschenkel kein Exhibitionist. Wird er mit einem Flatterhöschen oder gar einem Laufrock nur unzureichend bedeckt, fühlt sich der Schenkel herzlich unwohl.

Exkurs: Der Laufrock – Irrtum der Laufmodenevolution.

Es gibt Menschen (in der Mehrzahl Frauen), die mit Laufröcken gut aussehen. Aber nicht viele. Ich würde schätzen, 10% der Durchschnittsläuferinnen in Wald und Flur. Der Laufrock soll weiblich wirken. Ich bin mir immer nicht ganz sicher, auf wen. Vielleicht sollte ich beim nächsten Lauf mal eine Passanten-Umfrage machen: „Wäre es ihnen lieber, ich würde weiblicher wirken? Finden sie, Läuferinnen sollten grundsätzlich weiblicher wirken?“ Komischerweise wirken alle Läuferinnen, die ich kenne, beachtlich weiblich. Dafür sorgt unter anderem so ziemlich alles, was am Läuferinnenkörper paarweise auftritt. Auch unsere Freunde, die Oberschenkel. Und die finden Laufröcke reichlich blöd.

Hier könnte ein Laufrock helfen: eine von vielen unweiblichen Läuferinnen.

Hier könnte ein Laufrock helfen: eine von vielen unweiblichen Läuferinnen.
© Berc – istockphoto.com

Der Laufrock oder das Flatterhöschen zerren nun also den schüchternen Oberschenkel mit samt seinen Szene-Bars und leeren Kneipen ans Licht der Öffentlichkeit. Sofort versucht er, Kontakt mit dem Kumpel an seiner Seite aufzunehmen, um sich zu beratschlagen. „Alle gucken uns an, was machen wir bloß, um Himmels Willen, was machen wir bloß?“ Das gegenseitige Lamentieren ist eine hoffnungslose und aufreibende Angelegenheit. Am Ende des Laufs ist der Oberschenkel durch. Mit den Nerven und der obersten Hautschicht seiner Innenseite. Das rappelkurze Höschen und seine Cousine, das Laufröckchen, sorgen dafür, dass der Wolf nicht nur in der Lausitz wieder heimisch wird.

Wölfchen, ick hör dir trapsen.
© kreativloft GmbH – Fotolia.com

Doch doch, es gibt sie, die Menschen, deren Oberschenkel Einzelgänger sind und sich nicht um den anderen scheren. Eliteläufer zum Beispiel. Kenianer. Äthiopier. Männer, die 55 Kilo wiegen. Aber wie der Name schon sagt, ist der Breitensport nicht der bevorzugte Lebensraum des schmalen Schenkels. Der Durchschnittsmensch, insbesondere die Durchschnittsfrau, hat herzhafte Schenkel, die wissen, was sie aneinander haben, mit Betonung auf „aneinander“.

Schlussplädoyer.

Mein Appell an alle Laufmodenhersteller:

Habt ein Herz für gesellige, aber verschämte Oberschenkel. Bietet ausreichend lange Kurztights. Druckt von mir aus ein Blümchen oder ein großes „W“ drauf, wenn ihr denkt, dass Läuferinnen sonst nicht als weiblich erkannt werden. Wollt ihr den Mädels wirklich etwas Gutes tun, stellt die Produktion von Laufröcken und ganz kurzen Laufhosen ab Größe 38 ein.

Mein Appell an alle Oberschenkelbesitzer:

Habt eure Oberschenkel lieb. Die rackern sich für euch ab. Hüllt sie in reichlich Tuch. Cremt sie ein. Und vor allem, hadert nicht mit Ausmaß und Struktur eurer Oberschenkel. Beides ist nur freundlicher Geselligkeit geschuldet.

Titelbild: © Paco Ayala – Fotolia.com

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11Antworten um “Jetzt schon ans Schenkeln denken.”

  1. Sus:)anne Says:

    Hehe. 🙂 Schee. Und so treffend. Ich wunder mich auch immer ueber die Roecke und die superkurzen Hoeschen. Geht bei mir gar nicht. Schoen zu wissen, dass ich da nicht die einzige bin.

    Liebe Frau Schmitt, wie es scheint, hat Raidlight die Loesung fuer unweibliche Laeuferinnen, die dringend einen Rock brauchen. Die Kombi aus 3/4-Tight und Laufrock. *grins*
    https://de.raidlight.com/boutique/vetements-longs/1171-3-4-rock.html

  2. Bettina Says:

    Volle Zustimmung in allen Punkten. Ich habe schon mindestens 3 kurze Hosen wieder rausgeschmissen, weil sie hochwandern und die Geselligkeit der Oberschenkel nicht unterbinden. ;o)

  3. Martin Says:

    Übrigens kennen auch die meißten Männer den Wolf persönlich! Nach einer intensiven Begegnung im letzten Jahr habe ich mich von allen Flatterhößchen getrennt. Ein herber Verlust 🙁
    Denn die „maximale Belüftung“ finde ich, gerade im Hochsommer, schon sehr angenehm. Und an welchen Männerbeinen (und anderen Stellen) sehen enge Tights schon vorteilhaft aus?

  4. Käthi Says:

    Denke genauso, hätte es bloss nicht so schön und lustig formulieren können. Laufe seit mehr als 30 Jahren und kenne eine Zeit, als es noch KEINE Tights gab. Wie waren wir (Frauen wie Männer) damals froh, als der Wolf der Vergangenheit angehörte. Mit Erstaunen stellte ich in den letzten Jahren an längeren Volksläufen fest, dass fühlen muss, wer nicht hören will 🙂

  5. Eddy Says:

    100 Punkte für diese Erkenntnisse! Und ich bitte um Zustellung der Umfrage-Ergebnisse an meine E-Mail Adresse, sobald diese vorliegen 🙂

  6. Anne Says:

    Oh liebe Frau Schmitt, vielen Dank für diesen gewohnt lehrreichen wie amüsanten Artikel. Mit ein wenig freundlicher Literatur kann man Montage aushalten. Ich werde meine Oberschenkel nun viel wohlwollender behandeln. Beste Grüße aus dem Norden, herzlichst. 🙂

  7. SSsspeckblitzzZZ Says:

    Also ich finde diese Kombidinger, so Tights mit Sporthose drübber, ziemlich gut. Funktional und doch nicht Presswurstig!

  8. Esther Says:

    oh jeh, ich suche auch grade eine/n LaufSkort, LaufRock, LaufTight, kurz, 3/4 oder 7/8 oder ähnliches und verzweifel auch an dem Größenangebot!! Als ob Frauen jenseites von Größe 44 keinen Sport mehr machen dürften… Übrigens existiert das gleiche Problem bei Radhosen bzw. bei fast allen Sportsachen, naja außer frau möchte in Sack und Asche rumlaufen/sporteln.
    Hier mein Appell an die Sportbekleidungsindustrie:
    Liebe Leute, auch Frauen mit XX-Größen machen Sport und möchten und müssen sich sportlich, schick und funktionell anziehen!!

  9. matthias Says:

    als laufender mann steh ich auf laufröcke. ich zieh sie auch gern selbst an. gerade an heissen tagen sind sie luftiger als jede shorts, selbst wenn diese noch so kurz sind. wenn ich im mittleren körperbereich vollkommen durchschwitzt bin, verdampft der schweiss beim laufrock eher als bei einer shorts, die den schweiss aufsaugt. sicher kommt auch der umstand dazu, dass das tragen eines laufrocks für mich als mann etwas prickelnd ist, weil ich damit sozusagen etwas verbotenes oder zumindest verpöntest tue.

  10. Cindy Says:

    Hier mal ein Plädoyer für den Laufrock von einer,die nicht Größe 38 trägt:

    Ein Aspekt der hier gar nicht beachtet wird: bei klirrender Kälte, also z.B. momentan – da trage ich den Laufrock (in meinem Fall aus Thermostoff) über meiner (angerauhten) Laufhose. Und siehe da – Hinterteil und Oberschenkel sind warm…..

    Also bitte Kommando zurück – liebe Sportmoden-Hersteller, stellt NICHT die Produktion der Laufröcke ein. Sie haben durchaus ihre Berechtigung.


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  1. […] und tragen erschütternd normale Laufkleidung. Nur einige Laufröcke kann ich sichten, den Trendholzweg der Laufmode. Aber bitte. Jede wie sie mag. Bei km 3 rast plötzlich eine Maus neben mir her. Sie trägt keine […]

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