Trailläufer, Ultraläufer, Nacktläufer – an alle Zielgruppen wird gedacht. Nur eine läuft in der öffentlichen Wahrnehmung immer unter dem Radar hindurch: die nichtlaufenden Läufer. Ein nichtlaufender Läufer ist etwas völlig anderes als ein Nichtläufer. Er ist zwar aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen gerade nicht mit seinem geliebten Hobby beisammen, vermisst es aber nahezu jeden Tag. Er schaut anderen Läufern hinterher und bemerkt ihren Laufstil, er beurteilt die Wetterlage danach, ob sie zum Laufen gut geeignet ist und wenn im Tatort mal wieder jemand demonstrativ schnaufend durchs Bild joggt, erkennt er sofort das Fakegehoppel – all das haben der laufende und der nichtlaufende Läufer gemeinsam. Dem Laufen bringt er ungebrochene Leidenschaft entgegen. Marketingabteilungen übersehen das völlig. Dabei gibt es hier jede Menge Chancen!

Ich denke da zum Beispiel an spezielle „Inactive wear“, die sich in Farbigkeit und Schnitt an Laufbekleidung anlehnt, aber besser für das Abhängen auf dem Sofa geeignet ist – natürlich hochfunktional, zum Beispiel durch spezielle Taschen für die Fernbedienung, Details, die man abzippen und als Getränkeuntersetzer verwenden kann oder ähnliches. Lauftreffs könnten Sofaüberwürfe mit Vereinslogos anbieten. Auch Finisher-Shirts sind möglich, zum Beispiel mit Aufdrucken wie „I survived Fersensporn“ oder „Meniskus Challenge 2017 – I did it!“. Bei Volksläufen sollten sich nichtlaufende Läufer explizit nicht anmelden können. Dazu müssten die Anmeldevordrucke einfach eine weitere Option anbieten: 5 km Jedermannslauf, 10 km, Halbmarathon und kein Lauf. Der nichtlaufende Läufer kreuzt letzteres an, zahlt eine kleine Gebühr und bekommt ebenfalls einen Läuferbeutel. Beim Kuchenfassen ist er selbstverständlich mit dabei. Gerade für kleine Läufe mit schwindenden Teilnehmerzahlen könnte das eine interessante Option sein. Auf redaktioneller Seite könnte ich mir ein ganz neues Magazin vorstellen. „gerade-nicht-laufen.de“ zum Beispiel. Mit vielen Tipps zur Vermeidung der Gewichtszunahme oder zur Bändigung der inneren Unruhe. Hier geht sicher einiges.
Irgendwann aber gehört der nichtlaufende Läufer hoffentlich wieder zu einer beachteten Zielgruppe: den Wiedereinsteigern. „If I could do it before, I can do it again“, sagt der amerikanische Immobilien-Makler Josh Altman. Aber seit wann kann man Immobilien-Maklern vorbehaltlos glauben? Jeder Altersklassenläufer weiß, dass manche Zeiten irgendwann einfach nicht mehr erreichbar sind. Und vielleicht will die Sehne auch keine Ultradistanz mehr. Aber das Herz, das will laufen. Es ist durchhalten gewohnt, auch beim Nichtlaufen. Eine Pause ändert nichts daran, wofür es schlägt. Deshalb wird der zurückgekehrte Läufer vielleicht nicht schneller sein, vielleicht bleibt er gar für immer langsam. Aber stärker, das wird er sein. Und was wäre beim Laufen schon wichtiger?


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