Als ich neulich in einem Café saß, ging ein Kind von Tisch zu Tisch und streckte allen die Zunge raus. „Ach“, sagte die Mutter, „er hat jetzt da so eine Phase – das geht auch wieder vorbei.“ „Jaja“, sagte ihre Gesprächspartnerin „in dem Alter ist das ja typisch mit den Phasen“. Soso. Dachte ich. In dem Alter also. Und was ist mit meinen Phasen? Zwar strecke ich in Cafés niemandem die Zunge raus, obwohl es gelegentlich einen Anlass dafür gäbe und ich werfe mich auch nur sehr selten im Supermarkt schreiend auf den Boden, um den Besitz eines Hitschler-Brause-Lollis einzuklagen. Aber Phasen habe ich immer noch.

Ganz besonders, was das Laufen und das Körperbewusstsein betrifft. Da gibt es zum Beispiel die „Ich koche abends nach Dr. Feil und esse dann kaum Kohlehydrate-Phase“. Oder die „Ich rechne meine Monatskilometer schon mal aufs Jahr hoch und gucke, ob ich dann besser wäre als das letzte Jahr-Phase“. Die geht einher mit einer Phase des Trainingsfleißes, gelegentlich gar mit einer Phase des gezielten Muskelaufbaus, begleitet von einer „Mehr-Eiweiß“-Phase. Ich könnte es auch so ausdrücken: Manchmal rudere ich zweimal die Woche zusätzlich zum Laufen auf dem Waterrower. Ich stelle mich auf die Waage. Ich versuche die Zeiten auf meiner Hausrunde zu verbessern. Ich mache Fahrtspiele, Läufe in sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Längen, ich laufe auf Berge. Manchmal messe ich sogar den Puls beim Laufen. Ich starre auf die Wochenkilometer. Wenn ich gerade nicht laufe, lese ich dauernd in der Runner’s World, denn ich bin ja schließlich eine amitionierte Hobbyläuferin. Yeah.

Aber leider sind meine Phasen nicht so wie die von Gebissreinigungstabletten, bei denen immer die eine die andere intensiviert. Denn die Zeiten, in denen ich so ehrgeizig bin, alles richtig zu machen, mich und meinen Körper zu stählen, die wechseln mit solchen, in denen ich die Körper- und Muskelspannung eines großen Schluckes Wasser habe. In denen ich auf meiner Strecke herumtrabe, wie ein Nilpferd in der Savanne. In denen sich Staub auf der Rudermaschine sammelt und ich morgens besorgt die Krater in meinen Oberschenkeln creme. Mein stählerner Leistungswille hält nicht 24 Monate an, meist nicht einmal 12. Manchmal gibt es äußere Umstände, vielleicht eine Phase sehr intensiver Arbeit, die Zeit frisst, vielleicht muss ich krankheitsbedingt die Füße still halten. Dann ist es besser, sich weder zu wiegen, noch auf die Wochenkilometer zu starren. Während die eine Zahl, die einem dabei begegnet, höher wird, schrumpft die andere, leider jeweils genau in die falsche Richtung. Woran das liegt, weiß ich nicht so recht. Ich halte nicht durch. Ich Flasche.

Vielleicht bin ich tief im Herzen aber auch einfach keine Sportlerin, die langfristig am intensiven Body-Monitoring Freude hat. Vielleicht bin ich einfach nur ein ziemlich träger, normaler Mensch, der gerne läuft. Immerhin – und das ist mir ein ausreichender Trost: Die Phase des Gernelaufens dauert nun schon seit 15 Jahren an.

Titelbild © Stephanie Frey – shutterstock.com


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7 Kommentare

  1. Cooler Text! Nur der Vergleich hinkt: aus dem Quizduell habe ich gelernt, dass Nilpferde ziemlich schnell sein können (50 km/h)! 🙂

  2. DANKE :)Genau die Aufmunterung habe ich nach dem bescheidenen Wochenende gebraucht: Trainingslauf abgebrochen, Zehe blau und so gar keine Motivation nächsten Sonntag in Wien – mit der miesen Vorbereitung der letzten Wochen – den Halbmarathon zu laufen…und trotzdem werde ich starten, den eigentlich laufe ich gerne.

  3. wie wahr wie wahr, nicht zu vergessen die „ich will abnehmen um wieder irgendwo reinzupassen, nicht weil mich die waageZahl stören würde — und trotzdem eß ich JETZT NE TÜTE CHIPS“ – phase@doris: wien ist schön, und ganz bestimmt jetzt in diesem frühling-der-schon-s☼mmer-ist, genieße es !!!

  4. Geht den laufenden Männern übrigens ebenso! Mir jedenfalls. Ständig schwankend zwischen Rocky und Hape.So what. 🙂

  5. Ääääh. Ich muss zugeben , ich habe ihn jetzt auch seit 4 Wochen…. Das rudergerät von waterrower. Schönes Ding. Macht kurzzeitig Spaß. Aber ich will einfach weg ins freie. Raus in den Wald… Ich denke, es wird bei 3 oder 4 Monaten Ausleihgeschäft bleiben.. Der Sommer naht ja auch 😉

  6. Nilpferde sind schnell. Hippopotamus amphibius hat in Afrika die meisten Menschen auf dem Gewissen (woran Ferrero wegen Kinder Happy Hippo eventuell nicht unschuldig ist, Hippos haben nämlich zu Unrecht ein kuscheliges Image, in Realität aber ausgeprägt bestimmtes Sozial- und Terrotorialverhalten). 50 km/h halten sie zwar nur wenige hundert Meter durch (also quasi wie wir), weniger aber länger. Selbst Kenias Reserve hat da keine Chance. „Nilpferde sind schnell“ also unbefingt für den nächsten Laufshirt-Aufdruck vormerken. Das meine ich nicht persönlich.

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