In Deutschland gibt es in diesem Jahr 291 Marathonveranstaltungen. Da selbst das Leben eines Marathonläufers begrenzt ist, muss man sich also gut überlegen, ob man wirklich ein und die selbe Strecke mehrfach laufen will. Man könnte dadurch einen anderen schönen Marathon verpassen.
Vor genau 10 Jahren lief ich den Frankfurt Marathon – meinen ersten überhaupt. Ich feiere also in diesem Jahr sozusagen Jubiläum – und es hilft nichts – das muss einfach in Frankfurt sein. Erfreulicherweise hat Renndirektor Jo Schindler extra für mich die komplette Strecke im Laufe der letzten Jahre immer wieder modifiziert. Von der teilweise recht fiesen Strecke von vor 10 Jahren ist nicht viel geblieben, der Kurs ist also im Grunde neu für mich.
Die Anmeldung zum Lauf war für mich die perfekte Motivation, wieder zu einem Training zu kommen, das den Namen verdient. Die letzten zwei Jahre waren dumdideldum, die Prioritäten lagen woanders als beim Laufen. Das Ergebnis: Halbmarathonzeiten von 2h und mehr und 5 Kilo überflüssige Rundumschwarte. Schon nach 6 Wochen Marathontraining hatte sich beides erledigt. Wäre doch nur alles so einfach. So schnell wie früher bin ich deshalb natürlich immer noch nicht. Eine Marathonzeit unter 4 Stunden ist illusorisch. Heute peile ich 4:15 bis 4:30 an, ein schöner Lauf ist mir viel wichtiger als die Zeit.
Morgens stehe ich an der Haltestelle mit meinem Marathonbeutel und sehe einen Nachbarn mit Hauspantoffeln Sonntagsbrötchen holen. Wie immer in diesen Situationen fühle ich mich wie ein Alien, das mit den anderen Menschen nichts gemein hat. Ein Gefühl, das ein bisschen erhebend und ein bisschen beängstigend ist. In der Straßenbahn sitzen zum Glück bereits andere Aliens, erkennbar an ihren großen gelben Plastikbeuteln, den Laufschuhen und einem Getränk in den Händen. Der Außerirdische neben mir nuckelt alle 30 Sekunden hektisch an seiner Wasserflasche. In wenigen Minuten Fahrt hat er beinahe einen Liter weggeschlorkt. Verrückt.
An der Messe kommen immer mehr Aliens zusammen, als wollten sie die Stadtherrschaft übernehmen – und in gewisser Weise tun sie das ja auch. Ich gehe in die Festhalle, um dort ein paar Menschen zu treffen, aber noch niemand, den ich kenne, ist da. Ich setze meinen Fuß probehalber auf den roten Teppich. Weich. Werde ich das nachher auch noch wahrnehmen? Die Halle ist ein bisschen düster. Überall sitzen versprengte Läufer auf den Rängen oder sie stehen beisammen, um lässige Ruhe bemüht. Schließlich treffe ich doch noch bekannte Gesichter und wir plaudern. Es kommt mir vor, als fiele kein einziges vernünftiges Wort. Wir wollen ja auch eigentlich gar nicht reden, dafür sind wir schließlich nicht hier. Man ist doch aufgeregter, als man denkt.
In der Kleiderbeutelabgabe ist es schon wieder ziemlich dunkel. Alle versuchen, ihren Platz zu finden und es ist ein Hin- und Her wie in einem Ameisenhaufen. Ich habe zwar keine Unmengen getrunken, aber einmal vorher einen Ort aufsuchen, wäre nicht schlecht. Die Örtchen sind leicht zu finden, sie sind da, wo mindestens 20 Läufer davorstehen. Mir ist das alles zu viel und mich zieht es an die frische Luft.
Die Dixies im Freien sind gar nicht so leicht zu finden. Auch hier gibt es Staus. Wir Anstehenden schauen auf die Uhr. Noch fünf Minuten. Das schaffen wir. Ich schiebe mich danach schnell zu meinem Startblock, nicht ohne den einsamen rosa Hasen zu bemerken, der angesichts dieser riesigen Menge umherflatternder Läufer ein wenig ratlos wirkt. Das macht ihn mir sympathisch und wir nicken uns wissend zu.
Und wieder: stehen und warten. Im Startblock herrscht eine Atmosphäre wie unter 5-jährigen kurz vor Heiligabend. Aber weil wir alle erwachsen sind, hüpfen wir nicht auf und ab und rufen: „Wo ist denn der Start? Wann geht’s denn los? Läuft der dicke Mann da vorne auch so schnell wie wir? Sind wir bald da? Wo ist denn der Mann mit der Pistole?“. Wir stehen einfach nur cool herum, zupfen an unseren Shirts und schauen in den Himmel.
Endlich. Laufen. Direkt in die Sonne hinein. Zunächst muss nur eine kleine Schleife gelaufen werden – 3 Kilometer später werde ich wieder an der gleichen Stelle sein. Das ist schön, sozusagen zum Eingewöhnen. Ich programmiere einen 6er Schnitt ein und plane Zeit für gemütliche Trinkpausen. Ich habe zwar zunächst kein Gefühl für mein Tempo, aber alles passt. Auf den Tempomat ist Verlass. Schon nach kurzer Zeit fallen mir die Staffelläufer auf, die mit einer gelben Startnummer gekennzeichnet sind. Sie sind vor mir gestartet und die Langsamen unter ihnen werden nach und nach eingeholt. In den nächsten Stunden habe ich reichlich Zeit, mir über Staffelläufer Gedanken zu machen. Immer wenn ich sehr schwergewichtige Läufer sehe, bin ich voller Respekt und ich weiß, dass das Staffelkonzept richtig ist. Nicht nur, weil es Geld in die Kasse bringt, sondern weil es perfekt ist, um Leute für den Laufsport zu begeistern. Wann sonst könnte man an einer Strecke von 6, 7 km Sambatrommler genießen? Aber dann, immer wieder, schüttle ich über Staffelläufer innerlich den Kopf. Über solche, die wenige Kilometer nach der Wechselstelle Gehpausen machen, gern mitten auf der Strecke. Können sich halbwegs junge Menschen nicht einmal im Jahr so vorbereiten, dass sie in der Lage sind, 7 km am Stück zu laufen? Rätselhaft. Vielleicht kann ich an dieser Stelle auch noch mit einem Missverständnis aufräumen: Staffel bedeutet, dass die Läufer nacheinander laufen. Nicht nebeneinander. Immer wieder finden sich drei oder vier Staffelläufer plaudernd zusammen, die nebeneinander her laufen. Puh.
So umdribble ich ab und zu einen schnaubenden Geher oder eine Volkstanzformation, lasse mich aber nicht weiter stören. Zu schön ist das Wetter, zu prall die Farben und überhaupt – wie toll ist das denn? Ich laufe durch Frankfurt, meine Stadt, die Straßen gehören uns! Gerade bin ich durchs Westend geschwebt und darf jetzt an der Alten Oper vorbei durch die Fressgass zischen. Das Feld ist noch sehr dicht beisammen und so entsteht hier eine kleine Engstelle. Nichts Dramatisches, aber man muss etwas Acht geben.
Auf meinem Weg an der Hauptwache vorbei entdecke ich einen Läufer, der einen laminierten Zettel auf dem Rücken trägt. Darauf steht so etwas wie: „Ich laufe mit Jesus und komme immer an. Und Du??“ Am Vorabend war ich das erste Mal in meinem Leben bei einem Läufergottestdienst in der Festhalle. Der Pfarrer, selbst ein passionierter Läufer, wäre sicher nie auf die Idee gekommen, ein derart albernes Schild zu tragen. Unwillkürlich möchte ich dem Läufer mitteilen, dass Jesus möglicherweise in einer anderen Leistungsklasse läuft als er selbst und längst mit einem der Kenianer die Halbmarathonmarke passiert hat. Und dann dieses leicht drohende „Und Du??“ Es klingt so, als würde jeder Läufer ohne ein laminiertes Jesus-Hemd am Wegesrand verdorren und die Frankfurter Eichhörnchen würden alsbald Nüsse zwischen seinen Rippen verstecken. Schnell ziehe ich an dem Läufer vorbei. Soll er doch sein Läuferleben zwischen laminierten Zetteln verbringen.
Andere T-Shirts sind viel schöner. Die Sonne taucht alles in ein wunderbares Licht – nie waren die modernen Neonfarben praller, das Feld bunter. Der Karneval in Rio könnte kaum farbenfroher sein – die pinkfarbenen und neongrünen Kompressionsstrümpfe färben die Läufer bis in die Zehenspitzen. Immer häufiger wird auch mit den Farben experimentiert, Läufer tragen auf der einen Seite einen grünen und auf der anderen Seite einen schwarzen oder pinkfarbenen Strumpf. Es gibt die eher elegante Kombination aus schwarz und grün, die etwas gewagterere aus neongelb und royalblau, die von Kopf bis Fuß rot gewandeten, aber auch pink und lila in Kombination. Die Schuhfarbe wird immer häufiger mit dem Rest abgestimmt und sogar die Kappen leuchten. Zu dem Farbenmeer der Läufer kommt das pralle Orange, Gelb und Rot der Bäume. Es ist, als hätte jemand bei der ganzen Welt am Farbsättigungsknopf gedreht. Was für ein Tag!
Außer auf die Shirts und Tights schaue ich natürlich auch darauf, was die Läufer sonst noch alles so dabei haben. Bei vielen glitzert es rund um die ganze Taille, Gels sind beliebt. Und manch einer konnte sich nicht dazu durchringen, den Hausrat ein paar Stunden allein zu lassen und nimmt ihn kurzerhand komplett mit auf die Strecke.
Während ich abermals an der Alten Oper vorbei tappe, höre ich Herbert Steffny aus dem Lautsprecher die Elite-Verpflegung erklären. Die Stimme von Steffny begleitet mich bei fast jedem Marathon – und sei es nur in meinem Kopf. Vor 11 Jahren habe ich ein Laufseminar bei ihm gemacht, unzählige Marathonübertragungen mit ihm gesehen. Er ist mein „Mister Marathon“, ein großer Läufer mit einer freundlichen, ruhigen Art. Und wenn ich an eine schwierige Stelle komme, kann ich ihn zu mir sprechen lassen. Ich weiß etwa, was er sagen würde und das hilft mir weiter. Ein Frankfurt Marathon ohne Steffny – undenkbar.
Wir laufen jetzt ein Stück Richtung Norden – und gleich wieder hinunter zum Eschenheimer Turm. Unterwegs begrüßt mich ein Freund an der Strecke und ich bekomme einen Übermutsschub – den ersten von vielen. Zwar halte ich das Tempo einigermaßen im Zaum, aber manchmal muss ich kurz über ein Lübecker Hütchen hüpfen. Oder innerlich „dideldei dideldum“ rufen und dabei grinsen. Wir rollen hinüber nach Sachsenhausen und ich frage mich, ob ich wohl heute noch braun werde von der vielen Sonne. Bei jedem Getränkestand nehme ich etwas Wasser und Tee. Ich fürchte, ich bin ein bisschen zu warm angezogen und schwitze reichlich. Einen so sonnigen Tag hat niemand prophezeit.
Nun geht es ein Stückchen am Mainufer entlang und danach über die Kennedyallee nach Niederrad. Schon jetzt ist der Streckenverlauf viel attraktiver, als noch vor 10 Jahren. An der Strecke entdecke ich ein paar gruselige Gestalten, die ich sofort fotografieren muss
Ansonsten halte ich mich mit Fotos etwas zurück, da ich das Stop&Go fürchte, in New York hat das meinen Muskeln den Garaus gemacht. Irgendwo in Niederrad hat jemand Lautsprecher aufgestellt und alte Schlager aufgelegt. Während ich vorbei laufe, singt Roy Black mit der kleinen Anita, dass es schön ist, auf der Welt zu sein und dass das ja schon die Biene zu dem Stachelschwein gesagt habe. Nichtläufern sei an dieser Stelle gesagt, dass glückliche Läufer im Augenblick großen Glücks zur Tumbheit neigen. Intellektueller Lyrik und anspruchsvollen Musikstilen sind sie weit weniger zugänglich als beispielsweise der Titelmusik von „Rocky“, einer Blaskapelle oder eben Roy Black. Mich trifft der Song in einem Zustand völliger Unbeschwertheit und vollkommener Wunschlosigkeit. Die Beine laufen, die Sonne scheint. Mehr ist nicht und mehr muss auch nicht sein. Na Bravo, Frau Schmitt, jetzt heulst Du schon bei Roy Black. Weit vor km 30 (klassische Heulmarke) Das kann ja heiter werden. Roy Black trägt mich durch die eher unattraktive Bürostadt, die ihren Schrecken heute völlig verloren hat.
Irgendwann treffe ich auf der Strecke zufällig Torsten, einen Staffelläufer, den ich am Abend vorher kennengelernt habe. Das ist aber mal nett. 13.000 Läufer sind ja doch gar nicht so viele. Wir legen ein Stück gemeinsam zurück. An der Halbmarathonmarke steht die Uhr bei 2:06:34. Vielleicht eine kleine Idee zu schnell, aber im Rahmen. Ich lasse den Tempomat drin und tapse weiter. Seit geraumer Zeit stört mich irgendetwas an meinem Zeh. Ich bin nicht sicher, was es ist, aber es könnte eine Falte in der Socke sein. An der Schwanheimer Brücke ist mir die Sache endgültig nicht geheuer. ich gehe hinter eine Leitplanke, damit ich nicht im Weg bin und ziehe mir den Schuh aus. Ist da was? Hm. Nicht so richtig zu sehen. ich ziehe mir den Strumpf straff und ziehe den Schuh wieder an. Und weiter geht’s. Scheinbar war es die richtige Entscheidung. Das Scheuern lässt nach.
Das erste Mal trage ich heute bei einem Marathon Kompressionsstrümpfe. Ich bin sehr gespannt, ob sie sich bewähren. Auch eine Kompressionstight steht auf dem Prüfstand. Die macht sich, wie so oft, hervorragend, die Oberschenkel fühlen sich noch frisch und locker an.
Für die nächste Band auf der Brücke gehe ich sogar ein paar Schritte zurück. Zwar hält sich der optische Reiz des Motivs objektiv betrachtet möglicherweise in Grenzen, aber die beiden Jungs sind fröhlich und entspannt und genau so ist auch ihre Musik, die man lange Zeit hören kann. Sie stehen im Niemandsland und grooven vor sich hin. Das ist wirklich schön.
Gemessen am Lauf vor 10 Jahren sind auch die Bands an der Strecke häufiger. Hier ist viel passiert. Meistens ist auch das Niveau ganz prima.
Einen Ausreißer bietet eine Karaoke-Sängerin die „I’m your venus, I’m your fire at your desire“ so unfassbar schepprig und schief singt, dass sich mir die Zehennägel aufrollen. Wahrscheinlich ist mir dabei auch die Socke verrutscht.
In Höchst ist die Stimmung erwartungsgemäß gut. Als Wiege des Marathons weiß Höchst, was Marathonläufer brauchen und macht immer Rabbatz. Überhaupt tun gerade die Orte weit ab der Innenstadt, was sie können. Besonders Kirchengemeinden und Kleingärtnervereine sind an der Strecke immens gut gelaunt und ein dezenter Weinduft weht über den Asphalt. So ein Frühschöppchen ist eben nicht zu verachten. Die gespielte Musik entspricht zwar nicht immer dem eigenen Geschmack, aber das ist nicht wichtig (siehe: Roy Black). Hauptsache, die Laune stimmt.
Wir nehmen noch eine Kurve durch Nied und als wir auf die gefürchtete Mainzer Landstraße einbiegen, sind wir schon bei km 30. Ich habe großen Durst, trinke immer mehr. Jetzt denke ich – eine Cola könnte gut tun. Ich habe schon mehrfach gute Erfahrungen damit gemacht. Zwar habe ich zwei Gel Chips einstecken, aber mir ist mehr nach Flüssigem als nach einem Marshmellow. Die Cola ist nicht zu kalt und ich trinke einen ganzen Becher. Ein unseliger Fehler. Bald danach krampft sich mein Zwerchfell auf der rechten Seite zusammen. Es sticht und schmerzt ungeheuer und erwischt mich völlig unvorbereitet. Bis eben ging es mir sehr gut. Das Stechen ist so heftig, dass ich gehen muss. Ich atme tief aus, ich nehme die Arme nach oben, ich drücke auf die Stelle – nichts hilft. So ein Mist. Was ist das denn? Die Cola hat es wohl ausgelöst – aber warum? Ursachenforschung hilft jetzt nicht weiter. Ich habe überhaupt keine Lust zu gehen – ich will laufen. Langsam trottend rette ich mich von Kilometer zu Kilometer. Von der Mainzer Landstraße bekomme ich kaum etwas mit – zu sehr bin ich mit mir und dem Rätsel der Schmerzen beschäftigt. Bei der nächsten Getränkestation unternehme ich einen Versuch. irgendetwas muss ich ja tun! Ich trinke zwei Becher warmen Tee. Ich hoffe, dass die Wärme die Verkrampfung löst. Und tatsächlich: der Schmerz lässt etwas nach. Ich kann wieder ohne Gehpausen weiterlaufen. Aber immer wenn ich versuche, das Tempo etwas anzuziehen, wird der Schmerz stärker. ich fühle mich ausgebremst und muss erst einmal meine Moral wieder finden. Blöd, blöd, blöd.
Kurioserweise habe ich bei km 35 das Gefühl, gleich zuhause zu sein, obwohl noch der ein oder andere Kilometer kommt. Aber die Messe ist schon zum Greifen nah. Jetzt müssen nur noch ein paar Schleifen in der Innenstadt genommen werden.
Ich freue mich, noch einmal am Kaiserplatz vorbei zu kommen. Hier macht die Samba-Truppe Bloco X eine Mörderstimmung.
Noch einmal Hauptwache und der Kurs auf die Alte Oper. Hier stehen richtig viele Menschen. Aber was Kleingärtnervereine in Schwanheim hervorragend können, haben die Menschen in der Stadt nicht unbedingt drauf. Gemessen an der Menge der Menschen ist die Stimmung eher zäh. Ausdruckslose Gesichter schauen mir entgegen. Nicht, dass ich bei einem Marathon immer Zuschauer brauche. Aber wenn sie da sind, sollten sie mir nicht so versteinert entgegen sehen, dass ist schlimmer, als wenn gar niemand da wäre. Manchmal hilft schon ein Lächeln oder ein lustiges Schild. Ein einziges liebevoll bedichtetes Betttuch habe ich auf der Strecke gesehen. Ansonsten liebt man in Frankfurt eher vorgefertigte Schilder von der Messe, auf denen „Run, run, run“ steht und man nur noch den entsprechenden Namen dazu eintragen muss.
Kurz darauf werde ich aber gleich wieder entschädigt. Zuerst treffe ich den Freund von vorhin wieder und werde gehätschelt. Und dann, wenige Meter weiter, etwa dort wo sonst ich stehe, steht eine Dame. Mit einem Puschel. Einem weißen. Und ihr Begleiter hat kleinere glitzernde Puschel. Es gibt sie also doch, die leidenschaftlichen Marathon Fans in Frankfurt! Jetzt kann mich nichts mehr aushebeln. Die Beine sind müde, aber schmerzen nicht, die Stelle in der Seite tut nicht mehr ganz so weh und der letzte Kilometer ist angebrochen.
Kurz vor der Festhalle – noch ein nettes bekanntes Gesicht. Wunderbar. Rein in die gut‘ Stubb! Ich erinnere mich, der Teppich war weich. Vor Stunden, als die Welt noch eine andere war. Die vor dem Frankfurt Marathon. Der Zieleinlauf ist schön und einzigartig, wenngleich für mich nicht so bewegend, wie oft geschildert. Vielleicht kann nach der Farbenpracht im Freien der rote Teppich nicht noch einen drauf setzen.
Kurz nach mir kommt Fauja Singh, der 99jährige Staffelläufer ins Ziel. Schnell – ein Foto!
Dann zieht es mich an die frische Luft. Ich bekomme eine knisternde Wärmedecke (Ich liebe Wärmedecken!), eine Rose und eine fette Medaille. 4:24. Ging eben nicht schneller. Ich setze mich in die Sonne, knistere ein bisschen mit meiner Decke und trinke mehrere Becher von dem köstlichen Rosbacher Wasser mit Kohlensäure. An der Strecke gab es ja nur das ohne.
Zwei Jahre ohne Marathon. Wie hab ich das nur ausgehalten? Und welchen der 291 Marathons laufe ich nächstes Jahr? Es wäre mein 10ter. Ein Jubiläum läuft sich eigentlich ganz gut in Frankfurt…
Einen Teil der Fotos verwende ich mit freundlicher Genehmigung von Heiko Bartlog. Vielen Dank Heiko – so schnell und so viele Bilder – das schaff ich nie!
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14 Kommentare
Es ist mir eine große Freude, dass Du ein paar meiner Fotos (weitere unter https://bit.ly/b13Wc4) für Deinen Bericht verwenden konntest! Viele Grüße, Heiko
Danke für den schönen Bericht! Mein erster Marathon war 1999 auch in FFM und es war sooooo bitter, ich hatte mich völlig falsch vorbereitet und war nach 20 km flotten lustigen Laufs urplötzlich platt, und das mitten in Höchst mit noch ca. 22 km Rückweg, KREISCH! Habe mich mit unendlichen Gehpausen und 4:55 h zu meinem ersten Finish gerettet, fluchend und völlig überzeugt davon, mich NIE wieder auf so einen Weg zu machen.
Ist aber wie mit dem Kinder kriegen, kaum ist der erste Schmerz vorbei, plant man das Nächste.
Nächstes Jahr bin ich hoffentlich einer von den Aliens, die durch Frankfurt laufen, zweiter Versuch, die Strecke ist jetzt freundlicher, und das ist gut so, freue mich schon auf die Mainzer Landstrasse, der werd ichs zeigen….
Hallo Frau Schmittt!
Danke für den schönen Bericht!Hab gerade nochmal den letzten Sonntag erleben dürfen!Hoffe Du konntest dich diese Woche gut erholen?Vieleicht läuft man sich doch mal übern Weg und wenns nur nach nem Lauf beim Streusekuchen ist!
Grüße ins benachbarte Hessen aus Unterfranken
Harald
PS Zeiten werden total überbewertet!!
Wieder einmal ein sehr schöner Bericht und dass Herbert Steffny bei jedem deiner Marathons, egal in welcher Form, vertreten ist, ist natürlich auch eine tolle Motivation. Mir gefallen auch die Vergleiche zu den vorherigen Marathons in Frankfurt sehr gut und ich muss dir sagen, dass du nach 40,5 gelaufenen Kilometern immer noch sehr locker auf dem Foto aussiehst. Glückwunsch zur Leistung.
Gruß, Daniel.
Vielen, vielen Dank für den tollen Bericht!
Es war ein traumhaftes Erlebnis dort Laufe zu dürfen. Und wenn ich die Bilder und den Bericht lese kommt alles nochmal so richtig ins Bewusstsein. Es war für mich einer der schönsten Marathons!
Wir sind übrigens bestimmt fast zusammen gelaufen. Ich kam nach gut 4:26h in´s Ziel. ????
Nächstes Jahr bin ich definitiv wieder dabei!
Gruß Gerd
https://www.diro-online.com/wordpress/archives/11964
Danke für den schönen Bericht: hat mir Lust gemacht, auch mal in FFM zu starten. Nächstes Jahr steht erst mal Berlin auf dem Zettel. Noch mal ???? Berlin ist für uns alle auch ein unbedgtes MUSS. Also, falls Du noch nicht dort gelaufen bist: es gibt keinen schöneren Marathon für Dein 10-jähriges Jubiläum. In Deutschland jedenfalls nicht ????
Wie immer, wunderbar geschrieben. Du schaffst es so wunderbar, die Gedanken und Emotionen in Worte zu fassen. Nur ein Läufer kann wahrscheinlich verstehen, wie einen Roy Black über Kilometer glücklich machen kann;-))) Danke!
Gratulation und willkommen zurück unter den Langstrecklern. Vielleicht sollte ich auch mal Frankfurt laufen – hatte immer Berichte von eine öden Stecke im Hinterkopf. Interessant auch die beiden Bilder im Abstand von 10 Jahren. Im Jahr 2000 sahst du doch jünger aus (was sonst). Dafür wirkst du 2010 dynamischer.
Grüße
Jörg
Sag, dass es nicht wahr ist und ein 99-jähriger mehr km läuft als ich (als Staffelläufer vermutlich immer noch 10km)?!!? Ich brech zamme…
Also noch mal meine Bewunderung für Dich und diesen Laufbericht – beides sehr toll! :-p
Wie ging es (mit) dem Chi? (Bin gerade erst bei Kapitel 3, und hoffe, dass es nächstes Jahr dann auch mal wieder was wird mit dem Marathon)
sbeedy
Freut mich, dass euch der Bericht gefällt! @Jörg Ich bin ja heute auch dynamischer. ???? @sbeedy Dem Chi ging es offensichtlich gut! Die Beine waren sehr schnell wieder erholt (was ich aber auch auf den Kompressionskram zurückführe). Zumindest am Anfang habe ich aber noch auf einen ChiRunning Laufstil geachtet (soweit ich das überhaupt kann). Ist mir sicher gut bekommen!
Jaja, Roy Black und Konsorten… Vor 2 Jahren dudelte mir „Du hast die Haare schön“ und „2o Zentimeter…“ in Schwanheim in die Ohren und erheiterten mich einige km lang. Free Jazz ist definitv fehl am Platz bei einem Marathon.
Und in HH liebe ich diese Spielmannszüge, die sowas intonieren wie „Anneliese, ach Anneliese, warum bist du böse auf mich?“ Da kann ich dann die näcshten km drüber grübeln, wie der Text noch ging; hat man was zu tun unterwegs!
Hey Frau Schmitt, sah Dich bei km 3 und 41 :winken:
Sahst richtig gut aus, Shit auf die Zeit, Hauptsache nach der langen Zeit wieder ein Marathon gefinisht !
Vllt. sieht man sich nächstes Jahr wieder beim Marathonvorabend ?
Thomas
Herzlichen Glückwunsch zum 10-Jährigen, Heidi! Und natürlich noch eine dicke Gratulation zu Deinem tollen Marathon-Comeback! Ein ganz typischer Marathon. will mir scheinen, mit Höhen und Tifen unterwegs, mit unerwarteten Begegnungen auf und neben der Strecke, mit dem verflixten Durchhänger und schließlich mit dem Sieg über sich selbst.
Das alles hast Du in typisch Frau-Schmitt’scher Manier so gekonnt zu Papier resp. zur Tastatur gebracht, dass man (also ich) sich nur freuen kann. Und sich zugleich ärgern, diesmal nicht dabei gewesen zu sein. Denn nachdem Du im Vorjahr so emsig und unerwmüdlich für uns Läufer gepuschelt hattest, wollte ich doch diesmal mit Dir zusammen unterwegs sein. Allein – die Zeit und die Form haben dafür leider nicht gereicht. Und der Platz für den 6-std-Pacer war diesmal schon früh vergeben.
Das kann natürlich auf Dauer nicht so bleiben. Wenn Du rechtzeitig Bescheid sagst, wo Du „im hessischen Nichts“ unterwegs bist, komme ich dazu. Und Frankfurt 2011 ist natürlich immer eine Option…