Laufschuhe sind des Läufers bester Freund. Man kauft sie vor dem Volkslauf (wegen des bevorstehenden Trainings), danach (als Belohnung) und wenn es irgendwie machbar wäre, würden Läufer vermutlich auch währenddessen zugreifen. Auf welchen Schlappen die Wahl fällt, ist eine Frage des Typs. Hier sind die acht wichtigsten.
- Die Fashion-Geeks
Eine alte Laufschuhregel besagt, dass ein Laufschuh nach etwa 1000 km in Rente gehen sollte. Erdacht wurde diese Peilmarke nicht etwa von der Laufschuhindustrie, sondern von den Fashion-Geeks. Da sie immer darauf bedacht sind, nur das neueste, ausgefallenste Modell zu tragen, ist ihnen die lange Lebensdauer eines Schuhs ein Graus. Am liebsten wäre ihnen ein Schuh, der die Sohle oben und die Schnürung unten hat. Endlich mal etwas Neues!
Typische Aussage: „Ich hab die in New York ganz zufällig gesehen“
Typische Modelle: Somnio Runaissance, On Running - Die Mädchen
Auch die „Mädchen“ kaufen ihre Laufschuhe eher nach optischen Kriterien. Anders als bei den Fashion-Geeks zählen jedoch weniger die aktuellen Trends als die persönlichen Vorlieben. Ähnlich einem 6-jährigen Mädchen kann dieser Typ eine gewisse Starrhalsigkeit an den Tag legen. Mag der Schuh auch noch so bequem, günstig und passend sein – ein Reflektorstreifen an der falschen Stelle macht den Kauf sofort unmöglich.
Typische Aussage: „Haben Sie einen schwarzen Laufschuh?“
Typische Modelle: Im Prinzip alle, Hauptsache, sie haben die richtige Farbe. - Die Missionare
Missionare sind bekehrte Sünder. Zumindest sehen sie sich selbst so. Ihre Sünde: jahrelanges Fersenlaufen. Glücklich sind sie erst, seit sie das Vorfußlaufen für sich entdecken und irdischen Schuhballast von sich streifen konnten. Missionare haben nur ein Ziel: andere Sünder zu bekehren. Sie werben für ein Leben nach der Pronationsstütze und locken mit dem Versprechen auf das Laufparadies. Ihre Feinde sind die Ungläubigen, allen voran die Laufschuhindustrie. Orthodoxe Missionare heißen Barfußläufer.
Typische Aussage: „Ich war bei 47 Orthopäden – und heute merke ich nicht einmal mehr, dass ich ein Knie habe!“
Typische Modelle: Nike Free, Vibram Five Fingers, Newton Performance - Die Nörgler
Nörgler sind Tester. Sie testen nicht etwa Schuhe, sondern Schuhverkäufer. Ihr Ziel: der Inkompetenznachweis des jeweiligen Fachpersonals. Widerstrebend probieren sie im Laden durchschnittlich 17 Modelle, entscheiden sich ebenso widerstrebend für eines davon, gehen skeptisch nach Hause, absolvieren ebenso skeptisch den ersten Lauf und berichten umgehend in Laufforen und Vereinen von Beschwerden, die auf falsches Schuhwerk zurückzuführen sind. Danach kaufen sie im Internet einen Schuh, der nach eigener Recherche zu ihnen passt.
Typische Aussage: „Also ich habe die Videoanalyse ganz anders interpretiert.“
Typische Modelle: Es gibt keine, zumindest keine, die man Nörglern empfehlen könnte. - Die Billigheimer
Billigheimer halten Laufschuhe grundsätzlich für überteuert. Sie sind weder an Innovationen interessiert wie die Fashion Geeks, noch an Schuhkonstruktionen wie die Missionare. Sie sind der Meinung, ein Schuh besteht aus einer Sohle, damit es unten nicht piekst und einer Fußumhüllung, damit es oben nicht hineinregnet. Dafür einen dreistelligen Betrag auszugeben, käme ihnen niemals in den Sinn. Deshalb halten sie alle übrigen Läufer für „schön blöd“.
Typische Aussage: „Das seh‘ ich überhaupt nicht ein!“
Typische Modelle: Deichmann Victory, Discounter-Laufschuhe, ebay-Angebote - Die Ignoranten
Ignoranten sind das perfekte Gegenstück zu den Fashion-Geeks. Sie tragen Schuhe aus dem Nachlass von Spiridon Louis und sind damit hochzufrieden. Klebeband, Sofortkleber sowie zahlreiche Schuster- und Näharbeiten verlängern das Leben eines Ignoranten-Schuhs praktisch ins Unendliche. Getreu dem Motto „Never change a winning shoe“ fällt es ihnen schwer einen Schuh auszumustern. Und das, obwohl sie sich nie erinnern können, um welches Modell es sich handelt.
Typische Aussage: „Seit 1993 nehme ich für Biel immer nur diese.“
Typische Modelle: Schwer zu sagen, da das Logo in der Regel durch Dreckkrusten verdeckt oder zerbröselt ist.
- Die Manipulierer
Manipulierer sind die Heimwerker unter den Läufern. „Was nicht passt, wird passend gemacht“ ist ihr Leitspruch. Das Rohmaterial ihrer kreativen Arbeit sind Laufschuhe jeder Art. Wo es zwackt, reibt oder stört wird geschnippelt, gesägt oder geklebt. Manipulierer laufen mit heraushängenden großen Zehen, einer weggefrästen Fersendämpfung und Klettverschlüssen. Das macht die Schuhe nicht eben schön, aber die Manipulierer glücklich.
Typische Aussage: „Mit dem Teppichmesser geht’s am Einfachsten.“
Typische Modelle: Unterschiedlich, je nach Problemzone. - Die Liebhaber
Liebhaber haben „ihren“ Schuh gefunden. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: es gibt ihn nicht mehr. Er wurde durch Updates und Nachfolgemodelle ersetzt. Nach zahlreichen durchweinten Nächten machen sich die Liebhaber dann daran, ihren Schatz wieder zu finden. Sie durchsuchen das komplette Internet so lange, bis sie den Asics DX Trainer Herbst 06 oder ähnlich verblichene Modelle noch einmal finden, um fünf davon zu ordern.
Typische Aussage: „Mit allen anderen habe ich sofort Rückenschmerzen!“
Typische Modelle: Wo die Liebe hinfällt.
(erschienen in der Runner’s World Dezember 2010)
Bilder © RUN 4 FFWPU – pexels, Christa Eder – Fotolia
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7 Kommentare
Ein sehr schöner Bericht, der die einzelnen Läufertypen wirklich sehr gut charakterisiert. Ich habe auch die ganze Zeit überlegt, zu welchem Typ ich mich zähle und ich denke mal, dass ich mit dem Liebhaber am besten bedient. Gruß, Daniel.
Wie immer mit schalkhafter Würze schmackhaft zubereitet! Fehlt da nicht der Praktiker? Klar, der schillert wenig und wirft nicht so die Lachgrübchen ab. Aber zu solchem würde ich mich zählen. Praktischer Gewichtsminimalist mit Fashion Geeks Tendenz und ausgeprägter Neigung, das Beste an Vorjahresmodellen zu entdecken. Dreistellige Beträge für einen Laufschuh: Never-ever!
Wie ich mit dem adidas adizero xt für Winter und Gelände klarkomme kann hier bestaunt werden ;-)) https://sink-and-relax.de/trainingswoche-82011/
Freue mich auf viele weitere Artikel
Christian
Hallo Frau Schmitt,
deine Berichte finde ich ja schon seit Jahren klasse. Offensichtlich geht es aber nicht nur mir so: Sollte die runnersworld nicht wenigstens den Autor angeben, wenn sie Texte von dir komplett übernimmt? (siehe https://www.runnersworld.de/motivation/psychologie_beim_laufschuhkauf_/die_8_laufschuhkauftypen.204501.htm) Oder bin ich nur zu doof und habe die zugehörige Fußnote übersehen…
Viele Grüße
Hans-Peter
Liebe Frau Schmitt,
danke für diesen erfrischenden Artikel!
Ich bin über einen Bericht des Magazines „Laufsport Marathon“ auf Dein Blog gestossen – sehr lesenswert!
Liebe Grüsse aus Wien,
Wolfgang
Hallo!
Ich habe die Seite vor ein paar Tagen gefunden und schon fast gänzlich gelesen!
Die Seite ist super toll und ich finde mich in vielen Erzählungen mehrfach wieder!
Bei den Laufschuhtypen gehöre ich ganz eindeutig zu den Liebhabern, habe den Ghost in vierfacher Ausführung. Super Schuhe!
Gruß,
Cathrin
Hallo Hans-Peter,
danke für das Kompliment! Schau mal unter den Illustrationen, da steht rechts mein Name. Es hat alles seine Ordnung. Ich bin sicher, die Runner’s World würde nie einfach so Texte klauen. In diesem Fall ist es eigentlich umgekehrt: ich hab den Text für die RW geschrieben und dann auch im Blog veröffentlicht.
Ha, Da Hab ich mich gut beschrieben gefühlt – ich bin eindeutig der Missionar